Das Chamäleon der smarten Sensorik kommt aus Salzburg und heißt Ecosensors. Gunter Schobesberger und Marcus Pichler, das sind die beiden Gründer dahinter, die intelligente Sensoren und Datenübertragung anbieten – Für all jene, die in Echtzeit etwas Bestimmtes messen wollen. Weil das sehr viele verschiedene Dinge sein können, fällt es den Gründern auch schwer, ihr Einsatzgebiet einzugrenzen. Die Teilnahme an der FACTORY #6 soll einen klaren ersten Unternehmensweg ebnen.

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Untypische Gründer

Sie sind keine „klassischen“ Gründer – beide kommen aus langjährigen, bodenständigen Karrieren und festen Angestelltenverhältnissen. Sie haben Kinder und Ehefrauen und damit auch mehr Verantwortung als so manche aus-der-Uni-heraus-Gründer:innen. Den Schritt ins Unternehmertum wollten sie trotzdem wagen. Noch dazu in 2020, mitten in der Covid-Pandemie. Gunter sieht das optimistisch: „Jede Krise ist auch eine Chance und ich habe mir gedacht, wenn nicht jetzt, wann dann?“. Deshalb kündigte er seinen Job und stieg Vollzeit in das frisch gegründete Unternehmen ein. Marcus folgte dann ein paar Monate später.

Die Gründer von Ecosensors Gunter Schobesberger (li.) und Marcus Pichler vor einem Sensoren-Mast über den Dächern Salzburgs. (Bild: Ecosensors)

Geballtes Know-how trifft leidenschaftlichen Macher

Die Gründungsidee hatte sich allerdings erst nach und nach ergeben. Ursprünglich kommen sie aus demselben Ort im Bezirk Vöcklabruck („Wo jeder jeden kennt“) und gingen beide zum Studieren nach Salzburg. Als Gunter dann (mittlerweile Marketing- und Verkaufsexperte mit internationaler Arbeitserfahrung) erst wirklich bewusst wurde, was für eine große Kompetenz sein alter Bekannter im Bereich von IoT (Internet der Dinge) und intelligenten Automatisierungssystemen hat, war sein Gründergeist geweckt. „Wir ergänzen uns perfekt und sind ein richtig gutes Team. Marcus ist der Tüftler und Entwickler, der für alles eine geniale Lösung oder eine Idee hat und ich kann gut vermarkten. Das ergab dann auch das Fundament von Ecosensors“.

Sie ließen Marcus‘ Know-how jedenfalls gleich in die Entwicklung praxistauglicher Lösungen fließen: Gunter fädelte die erste wichtige Partnerschaft mit der ZAMG, der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, ein. Bei dem Projekt ging es um die Temperaturmessung in unterschiedlichen Höhenprofilen. Einen weiteren essentiellen Auftrag, nämlich zur Erfassung des Salzburger Stadtteilklimas, erhielten sie außerdem von der Stadt Salzburg. Und so formten sich langsam neue und innovative Gedanken der beiden zu ihrem nächsten Gründungskapitel.

Der Traum von smarteren Sensoren

Sensoren sind übrigens ganz einfach erklärt: Es handelt sich dabei um eine Technik zur Erfassung von bestimmten Daten wie zum Beispiel Bewegungen, Temperatur, Feuchtigkeit, Licht oder auch Geräusche. Die Daten werden dann übertragen und an eine zentrale Stelle geleitet – beispielsweise an einen virtuellen Speicherort, wie eine Cloud. Dort wiederum werden sie entweder automatisch oder manuell ausgewertet. Ecosensors will nun genau diesen Prozess der Datenübertragung intelligenter und energieeffizienter gestalten.

Ihre geniale Idee? Es sollen gar keine großen Daten mehr übertragen werden. Wie das geht? Mit intelligenten Sensoren, die gleich am Ort des Geschehens die Ereignisse analysieren und auswerten. „Das nennt man Edge Computing“, erklärt Gunter. „Wir arbeiten zurzeit also an unseren ersten eigenen Sensoren, die dann selbst auswerten und nur mehr minimale Meldungen oder Informationen schicken“. Dafür wird weniger Energie benötigt, demnach auch keine großen Funknetze, um riesige Foto- oder Videodaten zu übertragen. Im Aufbau von energieeffizienten Netzwerken, sogenannter Low Power Netzwerke, haben sie bereits Erfahrung und bieten das mittlerweile auch als Teil ihres Angebots an.

Der einzige Nachteil? „Nutzer:innen können sich nicht mehr das Rohmaterial ansehen. Das macht halt schon der Sensor und das bleibt auch dort“, sagt Gunter. Das heißt, Kund:innen erhalten nur was sie tatsächlich brauchen, die Meldungen in Echtzeit, beispielsweise durch eine Handynachricht: „Achtung, Wolf!“. Was sie damit machen, bleibt natürlich ihnen überlassen, aber auch für einzelne User Cases haben sich die Entrepreneure etwas einfallen lassen: „Man könnte eine Schafherde mit Halsbändern ausstatten, die dann automatisch zu piepsen beginnen, wenn sich ein Wolf nähert, der damit abgeschreckt wird.“ Die beiden Macher und Tüftler begleiten jedenfalls ihre Kund:innen sehr engagiert bei den jeweiligen Problemstellungen und punkten mit der Mischung aus wandelbaren Software-Komponenten und kreativen Lösungsideen. 

„Der Mast ist quasi ein Komplettsystem aus Sensor, Gateway und anderen Modulen. Ganz oben an der Spitze ist in diesem Fall die Wetterstation, darunter befindet sich das Gateway, das für das Low Power Netz zuständig ist“, erklärt Gunter. (Bild: Ecosensors)

Die Krux mit der vielfältigen Anwendung

Das Einsatzgebiet erstreckt sich damit allerdings viel weiter als nur über Wiesen und Felder von Herdentieren. „Überall dort, wo jemand in Echtzeit etwas messen möchte, egal ob im Wald, auf dem Berg, in der Lagerhalle oder an Windrädern“, ist eben ein überaus weitläufiges Gebiet. Denn, die Sensoren selbst sind umfangreich erweiterbar – beispielsweise mit Wärmebild oder einem Mikrophon, um Geräusche zu analysieren. „Ein weiteres spannendes Projekt sind Sensoren auf Mülldeponien. Da sind wir gerade dabei, Sensoren mit Wärmemessern auszustatten. Die Brandfrüherkennung ist ein wichtiges Thema geworden.“

Gerade jetzt am Anfang wollen die Gründer ihr junges Unternehmen aber doch in eine bestimmte Richtung lenken. Das erhofft sich Gunter jedenfalls von der Teilnahme an der FACTORY. „Wir brauchen klarere Anwendungsgebiete, damit wir konkretere Zielgruppen für die Werbung und generell unser Marketing und unseren Auftritt schärfen können.“

 

3 Fragen an Gunter von Ecosensors

Ecosensors-Gründer Gunter hat unsere Fragen beantwortet. (Bild: Ecosensors)

Was wünscht ihr euch noch von der Factory außer einer konkreteren Businessausrichtung?

Gunter: „Wir wollen unser Netzwerk vergrößern und weitere mögliche Partnerschaften finden. Außerdem freuen wir uns auf das Mentoring, das wird wohl eine Mentorin einer Firma sein, die Innenraum-Sensoren herstellt, das wird für uns sehr spannend, weil wir hier vielleicht auch eine interessante Ergänzung sein könnten mit unserer Outdoor-Lösung. Generell sehen wir für unser Wachstum eine große Chance uns an etablierte Firmen anzuschließen, die schon erfolgreich am Markt unterwegs sind.“

 

Wie sieht es mit internationalen Plänen für Ecosensors aus? 

Gunter: „Ja, natürlich denken wir daran, auch international im Einsatz zu sein. Wir wollen aber jetzt mal auf dem heimischen Markt funktionieren und dann weiterwachsen. Wenn wir es hier nicht schaffen, wie soll es dann international funktionieren? Ein Schritt nach dem anderen, das ist glaube ich der beste Weg.“

 

Familie und Gründen – das klingt anspruchsvoll. Wie war die Entscheidung?

Gunter: „Schwierig. Ein sicheres Arbeitsverhältnis zu verlassen, birgt schon in ruhigen Zeiten ein gewisses Risiko. Wenn man das noch dazu in einer internationalen Krisensituation wie der Covid-Pandemie macht, im Hintergrund eine Familie hat, für die man verantwortlich ist, dann ist das schon eine Riesensache. Ich kenne nicht viele, die sich aus so einer Situation heraus über den Schritt zur Selbständigkeit trauen. Ich bin aber auch positiv gestimmt, dass Ecosensors großes Potential hat, erfolgreich zu sein.“

(Titelbild: irina iriser on Unsplash)

Veröffentlicht am 2. Dezember 2021

Auf Schreibwiesen laufend, wie in Sound of Music, nur eben anders. Nach Wien kam London dann Salzburg und jetzt wieder Wien. Mit Salzburg im Herzen hört sie sich nun weiterhin im Einsatz für Startup Salzburg nach spannenden Geschichten und Menschen um.

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