Du siehst ein Problem und hast eine super Idee, die Lösung schlechthin. Aber interessiert sich überhaupt jemand für deine Idee? Unsere Experten Hans-Christian Pfarrkirchner und Carla Berlepp verraten dir, ob und wie du das prüfen kannst.
How to
Gehen wir von einem kleinen Beispiel aus. Du bist Hundehalter*in und dir ist aufgefallen, dass es online zwar Foren und Expertenartikel aber keine einheitlichen Guidelines zur Hundeerziehung gibt. Du findest, das problematisch und willst mit einer App zur Hundeerziehung eine Lösung schaffen. Die ersten Fragen, die du dir nun stellen solltest sind: Hast nur du damit ein Problem, oder geht es auch anderen so. Und weiter noch, geht es genügend anderen Menschen wie dir, damit deine Idee wirtschaftlich sein kann?
„Besonders vielversprechend sind jene, die ein Alltagsproblem vieler Personen auf einfache Art für die Kund*innen lösen“, so die Experten von Startup Salzburg.
Die 6 Fragen, die du zur Problemanalyse beantworten solltest:
Ab jetzt ist Forschen und Recherchieren angesagt. „Sei dein eigenes Marktforschungsinstitut, deine eigene Primärforschung“, sagt Hans-Christian Pfarrkirchner, Innovationsberater bei Innovation Salzburg. Am Anfang kannst dich erstmal in deinem Umfeld umhören und deine Freunde fragen. Aber Vorsicht vor der rosaroten Brille. Vielleicht hat sich dein Bekanntenkreis schon mit deiner Begeisterung angesteckt und den neutralen Blick verloren. Um deine Idee wirklich auf Herz und Nieren zu überprüfen, solltest du dort nachfragen, wo das Problem stattfindet. In unserem Fall also bei anderen Hundehalter*innen. Wir könnten jetzt zum Beispiel auf Facebook und Instagram nach dogcontent oder Hunde-Gruppen suchen und nonchalant fragen, ob jemand so eine App brauchen würde. Du kannst auch andere Hundehalter mit ihrem Hund beobachten. Sind sie sicher im Umgang? Folgt der Hund? Schau dir Statistiken an, wie viele Hundeschulen und Ausbildungsplätze es gibt. Gibt es vielleicht sogar eine Warteliste? Mach dir ein möglichst präzises Bild. Und bedenke deine Reichweite. Eine App beschränkt sich nicht nur auf Österreich. Wie sieht es mit dem Pain global aus?
Ehrliches Feedback ist essentiell. Schon klar, deine Idee ist dein Baby und du bist voll und ganz von der Notwendigkeit überzeugt. Aber wenn du wissen willst, ob du damit auch wirtschaftlich sein kannst, musst du für Kritik offen sein. Vielleicht gibt es einen Bedarf für bessere Hundeerziehung aber die Halter*innen wollen sich nicht damit beschäftigen? Vielleicht musst du deine ursprüngliche Idee abändern, damit sie auch für Hundebesitzer*innen ohne Smartphone interessant ist? Wie viele der Hundebesitzer*innen verwenden überhaupt Apps am Handy? Versuche alle Facetten in der Praxis deiner Idee zu hinterfragen.
Es gilt erstmal herauszufinden, welche Zielgruppe überhaupt geeignet ist.
Was oder wer ist deine Zielgruppe?
Kannst du sie erreichen?
Lassen sie sich ansprechen?
Welche Zielgruppen wären grundsätzlich mit deinen Ressourcen erreichbar?
(In unserem Fall ist es eine App – d.h. ich kann auch mal über die Landesgrenzen schauen, ob sich dort auch interessierte Hundehalter*innen finden lassen)
Und vor allem, teilt sie dein Problem?
Und, wie die Zielgruppe beschaffen ist. Sind das Männer, Frauen, Kinder, Tierhalter*innen? Sind sie sportlich, faul, kulturinteressiert, Wasserfanatiker*innen, Sonnenanbeter*innen? Gibt es ausreichend Bedarf und Kaufkraft in diesen Zielgruppen? Zielgruppen müssen genauso bewertet werden, wie die Idee selbst.
Wie kommst du jetzt an deine hoffentlich zukünftigen Käufer? Im Falle unserer Hundeerziehungs-App kannst du dir ganz klassisch erstmal Statistiken ansehen. Wie sehen typische Hundehalter*innen aus? Wahrscheinlich werden wir feststellen, dass das eine sehr heterogene Gruppe ist und sich quer durch alle Alters- und Sozialschichten zieht. Umso schwerer also, sie zu definieren. Ziel wird es in erster Linie sein, einen Austausch mit möglichst vielen Hundebesitzer*innen zu finden. Wir könnten z.B. bei Tierärzten einen Flyer auslegen um zu einer Gesprächsrunde einzuladen. So eine Runde könnten wir zusätzlich in einem Hundeforum oder vorhandenen Facebook-Gruppe starten. Je vielseitiger unsere Teilnehmer*innen, desto besser.
Mit ein bisschen Engagement, lassen sich Zielgruppen gut aufspüren. Wenn du eine Idee für kleine Kinder hast, finde die Orte wo sich die Eltern sammeln. Elternvereine, Mama-Blogs – die Betreiberin von so einem Blog gibt dir vielleicht auch den ein oder anderen guten Tipp, wo sich Eltern tummeln. Bereite dich auf diese Treffen so gut wie möglich vor. Am besten mit einem Fragebogen, wie in unserem Hundebeispiel:
Sind Hundehalter*innen zufrieden mit dem Verhalten ihres Hundes?
Gehen Hundehalter*innen mit ihrem Hund zur Hundeschule – wenn ja/nein wieso?
Wo holen sich Hundehalter*innen Rat in Sachen Hundeerziehung?
Was ist Hundehalter*innen am Wichtigsten, bei der Hundeerziehung?
Verwenden Hundehalter*innen derzeit Apps auf Ihrem Smartphone?
Würden Hundehalter*innen eine App zur Hundeerziehung nutzen?
Hole aus einem Gespräch mit deiner Zielgruppe alles raus, was geht und kläre möglichst viele deiner Fragen. Lass aber auch Antworten außerhalb deines Schemas zu – wer weiß, was da so kommt, ohne dass du daran gedacht hast!
Bei deiner Marktanalyse darf auch der Blick auf den Wettbewerb nicht fehlen. Wie wird das Problem derzeit gelöst? Wie hebt sich deine Idee von der Konkurrenz ab? Bei unserer App würden wir uns erstmal ansehen, ob es schon ähnliche Produkte gibt. Falls ja, würden wir sie uns genauer ansehen. Ist die App erfolgreich? Inwiefern unterscheidet sie sich zu meiner App? Wenn es keine gibt, würden wir uns damit befassen, warum es noch keine gibt. Eventuell würden wir mit Hundeschulen sprechen, ob jemals so ein Service angedacht wäre. Wenn nicht, warum nicht? Ist es zu aufwendig? Zahlt es sich nicht aus? Glauben sie nicht, dass es auf Anklang stoßen würde?
Auch hier gilt: „Ist der Pain groß genug, dass es eine neue Lösung braucht? Kann ich mich mit meiner Idee von der Konkurrenz abheben?“, sagt Pfarrkirchner.
Rechne unbedingt mit mehreren Feedbackschleifen. Es kann gut sein, dass du deine ursprüngliche Idee anpassen musst. Frage dich, was sie braucht, um einen wirtschaftlichen Nutzen zu stiften. Beziehe dafür alle Erkenntnisse deiner bisherigen Recherchen und Analysen ein. Und sei im schlimmsten Fall darauf gefasst, dass deine Idee nicht gut genug ankommt, um sie wirtschaftlich zu machen.
„Nachdem du deine Hypothese mit Befragungen und Recherchen überprüft hast, kommt das Anpassen. In dieser Phase musst du bereit sein, deine Erkenntnisse umzusetzen“, sagt Carla Berlepp, Beraterin bei Startup Salzburg. Bei unserer Idee könnte sich herausgestellt haben, dass viele Hundebesitzer*innen lieber mit Trainer*innen arbeiten wollen. Wir müssten unsere App also dahingehend anpassen. Eventuell mit einem Kontakt zu Experten erweitern, die unterstützen, wenn Hundehalter*innen zusätzlich persönliche Hilfe wollen. Oder, wir bemerken, dass es einen Bedarf bei Hundeschulen gibt und die unsere App als Trainingserweiterung, ihren Kund*innen mitgeben wollen. Wenn die App erweitert wurde, beginnen wir wieder mit der Befragung unserer Zielgruppe. Es kann natürlich auch passieren, dass deine Idee sich in einem ganz anderen Bereich umsetzen lässt. Physiotherapeuten könnten vielleicht auch eine App mit Übungen für Ihre Kund*innen brauchen. Wandelbarkeit! Lass dich darauf ein, deine Idee wachsen zu lassen. Dann stehen auch die Chancen gut, damit erfolgreich zu werden.
Expertentipp: „Die Idee so schnell wie möglich veranschaulichen. Mit minimalstem Aufwand, einen Prototyp entwickeln, um diesen mit Kundenfeedback zu überprüfen“, raten die Startup Salzburg Experten, an die du dich wenden kannst, wenn du bei deiner Marktanalyse Hilfe brauchst.
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Veröffentlicht am 18. April 2018