Crowdfunding – die Finanzierung durch die Masse. Wir haben mit Crowdfunding-Experte und Gründer der Crowdinvesting-Plattform 1000×1000 Reinhard Willfort gesprochen und uns bei den Startup Salzburg Factory Absolventen Original+ erkundigt, wie ihre erste Crowdfunding Kampagne gelaufen ist.
How to
Beim Crowdfunding werden Geldbeträge von vielen Geldgebern gesammelt, um ein Projekt zu finanzieren. Für die Finanzierung erhalten die Investoren verschiedene Gegenleistungen. Crowdfunding bietet sich aber nur dann an, wenn du bereits auf den Markt gehen möchtest oder deine Idee schon ein Gesicht hat.
Bedenke, dass eine Crowdfunding-Kampagne mit umfangreichen Vorbereitungen verbunden ist. Vor allem die Bewerbung der Kampagne, um genug Aufmerksamkeit und damit auch Investments zu bekommen, kostet entweder Geld (z.B. die Produktion eines professionellen Promo-Videos, ein/e Marketing oder Social Media Spezialist*in, der/die dir bei der Verbreitung hilft oder ein PR-Support), oder wenn du es selbst machst, Zeit.
Verschiedene Arten des Crowdfunding: Die Gegenleistungen für das Investment sind je nach Art des Crowdfundings Anteile, Geld oder Sachleistungen:
Internationale Plattform. Kickstarter ging 2009 online und hat seitdem mehr als 3,7 Milliarden Dollar in 145.350 Projekten umgesetzt. 15 Millionen Menschen haben dazu beigetragen. Kickstarter ist ausschließlich für kreative Projekte in den folgenden Kategorien konzipiert: Kunst, Comics, Kunsthandwerk, Tanz, Design, Mode, Film und Video, Essen/Trinken, Spiele, Journalismus, Musik, Fotografie, Publishing, Technologie und Theater. 5 Prozent Provision.
Internationale Plattform. Wie Kickstarter, zählt Indiegogo zu den großen weltweiten Crowdfunding Portalen. Seit 2008 wurden über 800.000 innovative Ideen verwirklicht. Die Plattform zählt bis jetzt 9 Millionen finanzielle Unterstützer*innen. Es gibt keine Einschränkung der Projektarten.
Deutschsprachiger Raum. Startnext wurde 2010 als erste deutsche Crowdfunding-Plattform gegründet. Mittlerweile ist sie die größte dieser Art im deutschsprachigen Raum. Bis jetzt wurden über 54.994.000 Euro von der Crowd finanziert. 6.092 Projekte wurden erfolgreich abgeschlossen. Es gibt keine Einschränkung der Projektarten.
Deutschsprachiger Raum. Visionbakery ist eine Plattform mit Sitz in Leipzig, die seit 2011 online ist. Seither gab es 54.190 Unterstützungen für 1015 Projekte. Sie ist die zweitgrößte in Deutschland. Persönlicher Support ist kostenlos und ein Provisionsbetrag muss nur dann bezahlt werden, wenn das Projekt erfolgreich finanziert wurde. Es gibt keine Einschränkung der Projektarten.
Österreichische Plattform. 1000×1000.at ist Teil der isn – innovation service network GmbH, ein führender österreichischer Innovationsdienstleister. Auf der Plattform wurden seit 2012 40 Projekte und 8,6 Millionen Euro von 4.053 Crowdfundern umgesetzt. Die Plattform fokussiert sich auf Crowdbusiness Projekte von etablierten KMU-Unternehmen und auf regionale Bürgerbeteiligungs-Initiativen.
Regionale Plattform. Crowdfunding Südtirol hat zum Ziel, Südtirols KMU und kreativen Köpfen Unterstützung für innovative Projekte zu geben und regionale Kreisläufe zu stärken. Ins Leben gerufen wurde diese Plattform vom Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister.
Deutschsprachiger Raum. Größte Crowdinvesting Plattform Österreichs. Bei CONDA wurden bis jetzt 23,33 Millionen in 99 erfolgreich finanzierte Unternehmen von 11.099 Investor*innen investiert. Innovative Projekte können von gewinnorientierten Unternehmen mit leicht zu kommunizierendem Innovationscharakter und einem Finanzierungsbedarf über 100.000 Euro eingereicht werden.
Veranstaltungshinweis: Startup Salzburg und CONDA informieren am 20. Juni gemeinsam in einem kostenlosen Workshop im Startup Salzburg Service Point, über „Neue Wege der Kapitalbeschaffung“. Jetzt noch schnell Plätze dafür sichern!
Hinweis zu den Gebühren: Alles oder nichts – die meisten Crowdfunding-Plattformen verlangen nur dann eine Provision für Kampagnen, wenn sie erfolgreich finanziert wurden. Diese Provision liegt je nach Plattform zwischen 3 und 11 Prozent der Gesamtsumme. Gebühren kommen dann noch bei Kreditkartenzahlung hinzu und variieren zwischen rund 2 und 5 Prozent der gesamten Transaktion.
Nach erfolgreicher Produkt-Entwicklung, Testphase und vielversprechendem Feedback, entschied sich Siegfried Rumpfhuber eine Crowdfunding Kampagne auf Kickstarter umzusetzen. Das Zielbudget von 25.000 Euro, wurde heuer mit Ende der Kampagne sogar um 7.000 Euro übertroffen. „Wir haben rund 70 Paar Ski verkauft, die wir im Oktober ausliefern. Diese Art der Vorfinanzierung ist im weitesten Sinn ein großer Echtversuch für uns. Wir haben die Möglichkeit in Ruhe über den Sommer unsere erste Produktionsrunde sauber abzuwickeln. Da gibt es bestimmt einiges zu lernen, weil jeder Produktionsanlauf seine Challenges hat.“ Im Herbst, sagt Rumpfhuber, müsste die Produktion dann schon viel schneller funktionieren. Über die internationale Plattform verkaufte Original+ seine individuell angepassten Profi-Ski, nicht nur nach Deutschland und Österreich, sondern auch nach Kanada, Frankreich, USA und Hongkong.
Rumpfhuber hat die PR für seine Kickstarter-Kampagne selbst übernommen. Dafür arbeitete er mit Newsletter-Tools und Kontakten, die er bei Skitests von Original+. sowie in seiner langjährigen Tätigkeit in der Skibranche geknüpft hat. Tatsächlich machten Kund*innen einen Großteil des Kickstarter-Verkaufs aus, die die Ski schon mal getestet oder davon gehört hatten. Einen kleinen Geldbetrag steckte Rumpfhuber auch in Social Media Marketing. Einen zusätzlichen Kaufanreiz sieht der Skiproduzent in den Kickstarter-Specials, die zum Beispiel den Käufer*innen der ersten zehn Produkte großzügige Rabatte gibt. „Das ist bestimmt ein Grund, warum die Anfangsphase der Kampagne so gut funktioniert hat“, so Rumpfhuber. Im Sommer wird dann der offizielle Original+ Ski Onlineshop eröffnet.
Kommt meine Idee an oder nicht? Eine Crowdfundingkampagne kann Prognosen ergeben, ob dein Produkt Anklang findet. „Man bekommt eine Antwort auf die Frage, ob das, was man erschaffen hat, etwas wert ist. Besser man klärt das so früh wie möglich“, sagt Reinhard Willfort, Gründer von 1000×1000 und Geschäftsführer des Innovation Service Networks. Das solltest du also am besten gleich in der ersten, risikoreichen Phase testen. Bevor du dich auf eine Crowdfunding Plattform stürzt, solltest du zumindest einen vorzeigbaren Prototyp deines Produkts erstellt haben, rät der Experte.
„Ich sehe Crowdfunding auf jeden Fall auch als Marktforschungsmöglichkeit. Ich habe dadurch beispielsweise auch erfahren, welchen Modellmix und welche Farben die Kundinnen wählen. Aus so einem kleine Sample kann ich schnell lernen, wie das in Zukunft aussehen wird“, sagt Rumpfhuber.
Crowdfunding kann dir den Gang zur Bank oder zu großen Investor*innen in einer risikoreichen Projektphase ersparen. Ein erfolgreiches Crowdfunding hilft aber später auch bei Folgefinanzierungen mit Banken. „Das Vorverkaufsmodell, wie Original+ das gemacht hat, ist ein sehr einfach umsetzbares Modell des Crowdfundings. Und gleichzeitig ein wunderbares Instrument für den Markteinstieg. Ein Business Angel oder großer Investor ist vorrangig an der Wertsteigerung des Unternehmens interessiert, will auf jeden Fall mit einem Gewinn aussteigen. Wenn man sein Unternehmen aber selbst weiterführen will, kann das auch schnell schwierig werden. Außerdem will der klassische österreichische mittelständische (Familien-)Unternehmer keinen Exit. Da steht vielmehr der Gedanke dahinter, ein Unternehmen zu schaffen, das viele Generationen bestehen bleibt. Auch für den eigenen Nachwuchs. 90 Prozent wollen nicht schon nach drei Jahren wiederverkaufen“, so Willfort.
Nicht verzagen – fail again, fail better. „Die ersten selbstgemachten Crowdfundingkampagnen gehen meistens schief. Gerade wenn man sich keine Unterstützung holt, kostet das meist eine Lernschleife. Aber es ist nunmal auch so, dass viele Startups das Crowdfunding als Alternative zur Bank sehen und wo immer es geht, eigene Ressourcen einsetzen“, sagt Willfort. „Damit ist die Bereitschaft, sich Unterstützung von außen zu holen, um die Kampagne professionell aufzusetzen und schnell bekannt zu machen, gering“. Willst du von Anfang an breites öffentliches Interesse für deine Kampagne, wendest du dich am besten gleich an Expert*innen, die dich beim Branding, Storytelling oder Video-Producing unterstützen. Das Know-how, das du dadurch erhältst, kommt dir bestimmt in deinem Gründerleben weiterhin zugute.
Sichere dir deine Unterstützer*innen für später. Halte sie auf dem Laufenden und nutze Beziehungen für deinen Markenaufbau. Dann wird die Crowd auf lange Sicht zu einem Multiplikator. „Es macht Sinn mit der Crowd weiterzuarbeiten. Das ist meiner Meinung nach auch die Zukunft – die Crowd mehr in das Projekt, das Unternehmen einzubauen. Denn der Vorteil von Crowdfunding ist, dass sich die Investor*innen an der Sache emotional beteiligt haben. Das ist eine unglaubliche Chance“, sagt Willfort. „Bei Crowdfunding geht es auch um Vertrauen und Mundpropaganda. Wenn man eine Kampagne erfolgreich abgeschlossen hat und alle zufrieden sind, hat man einen wichtigen Mehrwert für sein Unternehmen geschaffen“.
Veröffentlicht am 14. Juni 2018