Der Schock saß Mitte März auch in der Startup-Szene tief, als Ausgangssperren verhängt, viele Geschäfte, sämtliche Lokale und alle Hotels geschlossen wurden.
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Wir haben uns umgehört, wie es Salzburger Startups ergangen ist und jetzt, fünf Monate später, geht. Vor allem jene, deren klassisches Klientel aus dem Tourismus kommt, hat es hart getroffen. Andere kamen mit weniger Kratzern davon. Marco Morandini von Barkinsulation, Anton Hörl von Kommis und Erich Höpoldseder von sproof über Existenzängste, Zweifel und individuelle Krisenbewältigungsstrategien, ihre Erfahrungen mit staatlichen Hilfspakten und ihre Zukunftspläne.
Marco Morandini: Die Cashcow unseres Unternehmens waren Getränkekühler. Wir hatten gerade noch mit Investor*innen die Budgetplanung und den Forecast für 2020 gemacht. Die Geschäfte und Gespräche mit potenziellen Neukund*innen liefen hervorragend. Und dann brachen plötzlich unsere beiden Hauptabsatzmärkte – der Tourismus und die Werbeartikelbranche – komplett weg. Die Folge: Liquiditätsengpass und Existenzängste.
Anton Hörl: Auch für uns hätte es keinen schlechteren Zeitpunkt geben können. Wir hatten unser Produkt im März endlich auf einem guten Stand und dann kam der Lockdown. Wobei Gott sei Dank keine bestehenden Kund*innen weggebrochen sind. Allerdings hatten wir mit einem größeren Kundenwachstum gerechnet und die Ausgaben waren demensprechend kalkuliert. Was uns mehr oder weniger über Wasser gehalten hat: Wir konnten einen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.
Erich Höpoldseder: Wir hatten uns eigentlich auch darauf eingestellt, dass unsere Kundenakquise und die Geschäftsanbahnungsprozesse ins Stocken geraten werden. Aber tatsächlich hatten wir – abgesehen davon, dass einige Projekte nach hinten verschoben wurden – keine großen Probleme. Wir konnten sogar einen neuen Kunden gewinnen, weil er mehr Ressourcen hatte, um sich mit unserem Produkt zu identifizieren.
Marco Morandini: Wir konnten zwar keine neuen Kund*innen akquirieren, dafür aber einen neuen Investor an Land ziehen. Darüber sind wir sehr froh und das bestätigt uns in unserem Tun.
Anton Hörl: Ich habe während des Lockdowns bei bestehenden Kund*innen nachgefragt, ob wir irgendwie helfen können. Aufgrund des Feedbacks haben wir die Software angepasst, neue Funktionen integriert und konnten dadurch viele Hotels bei der Wiedereröffnung unterstützen. Die Kund*innen haben das sehr geschätzt. Bei manchen haben wir die Software nicht verrechnet, weil sie auch nicht benützt wurde. Auch das haben uns die Hotels hoch angerechnet.
Erich Höpoldseder: Unsere Kontakte sind sehr gut. Und abgesehen von einigen Unterbrechungen laufen Akquise und Projekte jetzt wieder ganz normal weiter.
Marco Morandini: Wenn man diese Momente nicht hat, dann ist man kein Startup 😉 – ganz unabhängig von Covid-19.
Anton Hörl: Ja, die hat es definitiv gegeben und gibt es nach wie vor. Ich komme aus einer Familie, die unternehmerisch schon lange aktiv ist und die weiß, wie sich das anfühlt und mich aufbaut und motiviert. Was auch hilft: Ich habe größere Meilensteine, die wir in Zukunft erreichen möchten, in kleinere heruntergebrochen. So wirkt der zu besteigende Berg weniger steil.
Erich Höpoldseder: Wir hatten zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, alles aufgeben zu müssen. Ganz im Gegenteil! Wir haben das Beste aus der Situation gemacht und die Zeit des Shutdowns als Chance gesehen. Wir haben Verbesserungen an unserem bestehenden Produkt durchgeführt und unser neues Produkt programmiert. Innerhalb kurzer Zeit konnten wir ein qualitativ sehr hochwertiges Ergebnis erzielen. Zugutegekommen ist uns sicherlich, dass wir als Team wirklich gut eingespielt sind.
Erich Höpoldseder: Resilienz hängt prinzipiell von den handelnden Personen ab und da sind nicht alle gleich – weder in Startups, noch in Unternehmen. Startups haben aber in gewisser Weise einen Vorteil: Sie können auf neue Situationen schneller reagieren, weil sie klein sind und flexibler als Unternehmen mit festgefahrenen Strukturen und Abläufen.
Marco Morandini: Es kommt sicher auf die Größe des Unternehmens und die Branche an. Aber ich würde nicht darüber urteilen wollen, wer hier „besser“ ist.
Anton Hörl: So eine Krise macht auf jeden Fall stärker. Kleinere Probleme kann man gelassener hinnehmen und leichter einen kühlen Kopf bewahren – nach dem Motto: „Wenn wir den Lockdown überstanden haben, dann überstehen wir das auch noch“.
Anton Hörl: Die Möglichkeit der Kurzarbeit hat uns definitiv über Wasser gehalten. Wir sind aktuell dabei, mit unserer Bank eine Covid-19 Garantie zu beantragen, um die weiteren Monate zu überstehen. Der Covid-Start-up-Hilfsfonds ist für jene eine attraktive Unterstützung, die bereits eine attraktive Bewertung aufrufen können. Für Startups, die noch keinen oder wenig Umsatz vorweisen können, macht er wenig Sinn.
Marco Morandini: In unserem Fall war das Hilfspaket sehr gut strukturiert und wurde schnell umgesetzt. Wir bekamen einen Überbrückungskredit und die Investmentförderung vom Bund.
Erich Höpoldseder: Die Unterstützungsprogramme der österreichischen Regierung für Startups und Unternehmen sind meiner Ansicht nach sehr gut. Wir haben allerdings keine Hilfspakete oder Sonderförderungen beantragt.
Marco Morandini: Wir sind durch und durch Optimisten und wollen mit unserem Rohstoff die Welt erobern.
Anton Hörl: Wir hatten im Juni nach der Wiedereröffnung der Hotels viele Anfragen für unsere Software. Mittlerweile hat sich der Bedarf ein wenig verringert. Man spürt bei den Hotels noch immer, dass sie sehr vorsichtig sind, wenn es um Investitionen geht. Deshalb tun wir uns aktuell schwer, neue Kund*innen zu akquirieren. Wir merken bei bestehenden Kund*innen, dass durch den verordneten Mindestabstand zwischen den Tischen oft mehrere Essens-Durchgänge in den Hotels durchgeführt werden. Das macht die Tischplan-Organisation komplexer und eine Software, wie wir sie anbieten, erweist sich als immenser Vorteil. Auch das Speichern von Daten externer Gäste, die im Hotel essen, ist mit unserem Tool möglich und hat vor allem unseren Kund*innen in Deutschland geholfen, eine Covid-19 gerechte Tischplanung umzusetzen. Insofern bleibe ich optimistisch und glaube, dass wir langfristig ein innovatives Produkt am Markt etablieren können. Wir müssen halt jetzt den Vertrieb und das Marketing in Schwung bekommen.
Erich Höpoldseder: Aktuell sind wir am „Feinschliff“ unseres neuen Produkts. Wir arbeiten am Design und sind mit den ersten Kunden*innen beschäftigt, die sich überdurchschnittlich positiv äußern und schon fleißig mit sproof-sign arbeiten. Und das stimmt uns natürlich enorm optimistisch.
(Titelbild: Adam Niesciouruk on Unsplash)
Veröffentlicht am 12. August 2020