Wie passen Virtual Reality und Aufklärungsgespräche im Krankenhaus zusammen? Perfekt! Das zeigen Heidelinde Kranzl und Marie-Isabelle Batthyány, die ihre Expertise in IT und VR und in der Medizin kombinieren, um mit ihrem Startup XR Synergies Aufklärungsgespräche für Patient*innen vor Operationen mithilfe von Virtual Reality zu revolutionieren.
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Hast du dich bei deiner letzten Operation (oder der deines Verwandten) gut informiert gefühlt? Wenn ja, bist du laut Marie-Isabelle Batthyány, Gründerin von XR Synergies, die Ausnahme. Als Anästhesistin hat sie an vorderster Front Einblicke in die Krankenhausabläufe und weiß deshalb, dass es für gute Aufklärungsgespräche im Gesundheitswesen einfach oft an Zeit fehlt. Mit ihrem Startup XR Synergies will sie gemeinsam mit IT-Expertin Heidelinde Kranzl dieses Problem lösen.
Die Idee von XR Synergies ist, die Patient*innen mittels VR (Virtual Reality)-Technologie aufzuklären. Das funktioniert ganz einfach: Die Patientin oder der Patient muss dafür nur eine VR-Brille aufsetzen. Dann wird er oder sie in einem virtuellen Raum von einer Ärztin oder einem Arzt zum Beispiel anhand von 3D-Modellen über die bevorstehende Operation informiert. Dabei ist den Gründerinnen Marie-Isabelle Batthyány und Heidelinde Kranzl eine einfache und leicht verständliche Erklärung – ohne zu viele medizinische Fachbegriffe – besonders wichtig. Denn die Patient*innen sollen sich möglichst wohl und nicht übermannt fühlen in der für sie oft unsicheren Situation.
Der Clou: Die Patient*innen können sich den Inhalt orts- und zeitunabhängig, auch mehrmals hintereinander, ansehen. Sie können zurückspulen oder das 360°-Video pausieren. So wird sichergestellt, dass sie optimal auf den Eingriff vorbereitet sind. Die Aufklärung mit der VR-Brille ist die Basis für weiterführende Gespräche mit der Ärztin oder dem Arzt, denn der persönliche Kontakt kann dadurch natürlich noch nicht ersetzt werden. Schließlich geht es hier um ein Vertrauensverhältnis.
Das Startup steht derzeit noch ganz am Anfang. Der Prototyp eines 360°-Videos über einen orthopädischen Eingriff wurde bereits produziert und ist in den letzten Zügen der Testphase.
Marie-Isabelle und Heidelinde haben ihr Startup im Februar 2020 gegründet. Kennengelernt haben sie sich während ihres MBA-Studiums „Entrepreneurship und Innovation“ in Wien im Jahr 2018. Heidelinde kommt aus dem IT-Bereich und ist spezialisiert auf die Projektabwicklung von sicherheitskritischen IT-Lösungen, während Marie-Isabelle aus dem medizinischen Bereich kommt. Viele Gespräche über ihre jeweilige Arbeit führten zu der Idee, Aufklärungsgespräche zwischen Ärzt*innen und Patient*innen in den virtuellen Raum zu transportieren. Die Idee zu XR Synergies war geboren.Was auf alle Fälle bemerkenswert ist: „Das zwei Frauen im Med-technischen Bereich ein Startup gründen, ist eher eine Seltenheit“, schmunzelt Marie-Isabelle.
Die Finanzierung des Prototyps wurde durch die aws Creative Impact-Förderung ermöglicht. Den nächsten Entwicklungsschritt wollen sie in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres in Krankenhäusern und in Arztpraxen testen. Unterstützungsleistungen, wie diverse Förderungen und die Beratungsleistung von Startup Salzburg, helfen ihnen bei der Erstellung eines marktfähigen Produkts. Die beiden Gründerinnen sind auch Teil der heurigen FACTORY. Vor allem ihr Mentor Werner Hörner, Geschäftsführer der Humanomed Consult GmbH, hat sie mit seinem Know-how aus dem nachhaltigen Gesundheitsmanagement bereits sehr bereichert. Auch das Netzwerken mit anderen Gründerinnen und Gründern schätzen sie sehr.
Heidelinde und Marie-Isabelle haben sich bewusst für die Gründung in Salzburg entschieden. Heidelinde wohnt und arbeitet in Wien, Marie-Isabelle in Salzburg. „Es gab viele gute Gründe für den Standort Salzburg. Hier haben wir wirklich gute Startup Bedingungen vorgefunden, etwa auch die Mietförderungen der Stadt und die Startup-Förderungen des Landes.“
Ihre Vision für XR Synergies ist, ein hochinnovatives Produkt für das Gesundheitswesen zu kreieren, das Ärzt*innen – besonders in Zeiten wie diesen – bewusst entlastet und gleichzeitig für Patient*innen sinnvoll ist. In Zukunft soll es auch international am Markt verfügbar sein.
Was waren bisher deine größten Herausforderungen?
Das Zeitmanagement und eine Kommunikationsstrategie innerhalb unserer Firma. Diese Prozesse müssen wir erst aufbauen, wir haben schließlich beide das erste Mal unsere eigene Firma. Und die Finanzierung – das ist sicher bei allen Startups ein großes Thema.
Was sind eure Erwartungen an die FACTORY?
Wir haben uns erwartet, dass uns die FACTORY bei der Entstehung unseres Unternehmens in vielen verschiedenen Bereichen begleitet – bei der Finanzierung, beim Business-Planning und mit dem Mentoring. Das Mentoring war für uns ein wichtiger Aspekt, das ist ein USP von Startup Salzburg. Auch das Netzwerk spielt für uns eine große Rolle.
Was sind eure Tipps für andere Gründer*innen?
Ich kann nur raten, sich mit rechtlichen Sachen gründlich auseinandersetzen. Stellt eure GmbH sauber auf die Beine, besonders wenn beide Business-Partner*innen die Geschäftsführung innehaben. Man muss sich im Klaren darüber sein, was das Ziel ist, wohin man will, was der Zeithorizont ist und was man macht, wenn es mit dem Startup oder dem Produkt nicht funktioniert. Wir empfehlen auch den Abschluss eines zusätzlichen Syndikatsvertrags*. Mit klaren Vorstellungen zu starten bringt auch Entspannung hinein in euer neues Leben als Gründer*innen.
* Anm. der Redaktion: Ein Syndikatsvertrag regelt vertragliche Absprachen und ist als Ergänzung zum Gesellschaftervertrag zu sehen. Mehr Info findest du hier.
(Titelfoto: Robert Pollai)
Veröffentlicht am 18. November 2020